It ain’t over ‚till its over

Das Ende ist präsent. Szenarien vom Ende begleiten uns täglich. Unermüdlich werden Enden proklamiert. Was ist das Faszinierende am Ende? Was macht ein Ende zum Ende? Und was endet je wirklich? Ist die letzte Schwalbe das Ende des Sommers? Ist die erste Lüge das Ende der Liebe? Ist das Ende eines Romans der letzte Satz? Ob angekündigte Weltenden, das Ende der Kindheit, das Ende der DDR, in Gesten, Erzählungen und Bildern werden Enden von bigNOTWENDIGKEIT heraufbeschworen, seziert, zelebriert und neu montiert. Der Countdown läuft. Das Ende ist nah.

Es ist das Ende der Geschichte, das Ende des Klassenkampfes, das Ende der Philosophie, das Ende des Christentums und der Moral, das Ende des Subjekts, das Ende des Menschen, das Ende des Abendlandes, das Ende des Ödipus, das Ende der Welt, Apocalypse now. Die Apokalypse gehört zu unserem Handgepäck. Sie ist ein Aphrodisiakum. Und sie ist ein Angsttraum. Sie ist eine Ware wie jede andere. Sie tritt uns in allen möglichen Gestalten und Verkleidungen entgegen, als warnender Zeigefinger und als wissenschaftliche Prognose, als Weckruf und als Produkt der Unterhaltungsindustrie, als Aberglauben, als Vexierbild, als Kick. Sie ist allgegenwärtig aber nicht wirklich: eine unaufhörliche Produktion unserer Fantasie, eine Katastrophe im Kopf.

bigNOTWENDIGKEIT fassen das Ende näher ins Auge. Was ist das Faszinierende am Ende? Warum wird es bemüht? Was macht Enden zu Enden? Und was endet je wirklich? Ist die letzte Schwalbe das Ende des Sommers? Ist die erste Lüge das Ende der Liebe? Ist das Ende eines Romans der letzte Satz? Ist das Ende eines Films die letzte Szene oder der Moment, wenn der Abspann vorbei ist und das Licht im Kinosaal wieder angeht? Ideen von, Erinnerungen an und die Angst vor Enden werden befragt und ertragen. bigNOTWENDIGKEIT untersuchen ausgesuchte Enden aus Literatur, Film, Historie und Kunst auf ihre verschiedenen Qualitäten. Was lehren sie über Aufhören, Weitermachen und Neu-Anfangen?

Enden können Angst machen und sie können erleichtern. Sie können etwas wegnehmen, aber auch den Weg für etwas Neues öffnen. Erst vom Ende her können wir Dinge deuten und bewerten. Erst das Ende schafft Struktur und ermöglicht Anschauung. Soviel steht fest: ob angekündigt oder überraschend, ersehnt oder gefürchtet, unvermeidbar oder herbeigeführt: Das Ende ist nie eine Tatsache, sondern immer eine gedeutete Tatsache vor dem Horizont anderer Tatsachen.
Der letzte Vorhang ist noch nicht gefallen. Und ist nicht das Interesse für das Ende ein leidenschaftliches Interesse für s Weitergehen, für die Fortsetzung, die Umkehr, den Anfang, für ein Leben in größerer Fülle als bisher? Ob angekündigte Weltenden, das Ende der Kindheit, das Ende der DDR, ob Black, Tod, das Happy End, der Abschied, Zerfall, der Vorhang, der Countdown, das Fade Out, der Schlussakkord, die Katastrophe, die Lösung oder die Vollendung – in Gesten, Erzählungen und Bildern werden Enden von bigNOTWENDIGKEIT heraufbeschworen, seziert, zelebriert, und neu montiert. Der Countdown läuft. Das Ende ist nah.

Regie: bigNOTWENDIGKEIT (Anna K. Becker & Katharina Bischoff)
von & mit: Esther Becker, Danijela Milijic
Dramaturgie: Heike Pelchen
Bühne: Ina Vera
Licht: Minna Heikkilä
Musik/Sound: Alice Ferl / (Johanna Seitz)
Assistenz: Anne Herwanger
Produktionsleitung: ehrliche arbeit – freies kulturbüro

Eine Produktion von bigNOTWENDIGKEIT in Koproduktion mit Sophiensaele Berlin und Konzeptbüro Rote Fabrik Zürich. Gefördert durch Mittel des Hauptstadtkulturfonds Berlin, Präsidialdepartement der Stadt Zürich Kultur, Kultur Kanton Zürich und Fondation Nestlé pour l Art,
In Kooperation mit schloss bröllin e.V. gefördert vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Das Gastspiel in Bern wird gefördert durch Kultur Stadt Bern und die Burgergemeinde Bern

27.04.2013 Schloss BröllinARBEITSSTAND im Rahmen von KONTRAPUNKT Theaterfestival der kleinen Form 22.05.2013 Sophiensaele, Berlin Premiere
23.05.2013 Sophiensaele, Berlin
25.05.2013 Sophiensaele, Berlin
04.06.2013 Rote Fabrik, Clubraum
06.06.2013 Rote Fabrik, Clubraum
18.09.2013 Rote Fabrik, Clubraum
19.09.2013 Rote Fabrik, Clubraum
20.09.2013 Rote Fabrik, Clubraum
03.09.2014 Tojo Theater Bern (gefördert durch die Burgergemeinde Bern)
04.09.2014 Tojo Theater Bern (gefördert durch die Burgergemeinde Bern)

„Gleich vorweg: Hier wird nicht getanzt, nie, in keinem Moment. Hier wird erzählt, pausenlos erzählt, von einer Frau, die von einer Frau erzählt, die am Ende der Vorstellung von der Bühne herabsteigt und sich bei jedem Einzelnen im Publikum verabschiedet. Da ist man schon froh, dass dies kein Tanz ist und kein Performer von der Bühne in den Berliner Sophiensälen steigt und jedem von uns die Hand entgegen streckt. Es reicht ja, die eigene Vorstellung zu bewegen (…) und Esther Becker, notorisch ungeschwätzig trotz anderthalb Stunden Text, ruckt unseren Kopf ziemlich hin und her, rät uns ganz praktisch, die Fingerspitzen heftig aneinander zu schlagen, um durchzuhalten während dieser ungetanzten Tanzvorstellung, dieser durchaus lebensechten, weil sehr allmählichen Bewegung auf das Ende dieses Theaterabends hin, oder auf das Ende des eigenen Lebens zu, auf das Ende des eigenen Gedankens, dauernd zu denken, was wäre, wenn das, was man macht, nur endlich mal ein Ende hätte. (…)“

Arnd, Wesemann
ganzer Artikel als PDF HIER

„Marcel Reich-Ranicki mochte das gehauchte „Ach“ auf der letzten Seite von Heinrich von Kleists Amphitryon. Martin Walser hingegen plädiert für einen versöhnlichen Ausgang. Meistens sind am Ende trotzdem alle tot. Doch ist der Schluss eines Romans tatsächlich der letzte Satz? Das versucht die Theatergruppe Bignotwendigkeit in ihrem Stück zu ergründen, indem sie das Ende in die Mitte stellt und von allen Seiten umkreist. Währenddessen läuft der Countdown. (…)“
Xymna Engel, Der Bund, Bern ,28.9.2014 ganzer Artikel als PDF HIER


Fotos: Florian Krauss